Angehörige (eines Online-Spielers)

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Empfindungen einer Angehörigen, die ihre Gefühle nur schwer einordnen kann.

Mein Mann (40) und ich (34) sind seit 14 Jahren verheiratet. Seitdem wir verheiratet sind, hat er immer einen gewissen Drang gehabt, zu spielen. Am Anfang waren es Lotto und Online-Poker. Ich hatte aber nie das Gefühl, dass er ein Problem hat. Sicher, er hat zu diesem Zeitpunkt mal kleinere Summen (100 – 200 €) verloren, aber wirklich daran gedacht, dass er vielleicht ein Problem haben könnte, habe ich nicht.

Das änderte sich, als wir 2005 aus unserem Amerikaurlaub kamen. Er beichtete mir, dass er beim Online-Poker 2.500 € verspielt hat. Ich war traurig und zweifelte an mir selbst. Fehlt ihm in unserer Beziehung etwas? Belastet ihn etwas? Warum tut er so etwas, wenn er doch weiß, dass wir das Geld nicht haben? Warum kann er nicht einfach aufhören?

Dadurch, dass mein Mann nicht regelmäßig spielt, sondern es ihn im Durchschnitt alle anderthalb Jahre „überkommt“, ist es schnell in Vergessenheit geraten. Aber das Vertrauen war anfangs schwer wieder aufzubauen.

Anderthalb Jahre später (es war schon völlig vergessen) hatte er einen Rückfall. Es war „ein kleiner“ Rückfall. Dieses Mal habe ich den Fehler nicht bei mir gesucht, sondern war einfach nur sauer., wütend und enttäuscht. Vor allem, weil er so feige war und es mir nicht persönlich gesagt hat, sondern mir einen Brief geschrieben hat. Er hat sich Hilfe gesucht bei den Anonymen Spielern und es ging ihm dadurch besser.

Es ging wieder anderthalb Jahre gut. Der Alltag war zurück gekommen und auch das Vertrauen. Im Dezember 2017, kurz vor Weihnachten, kam dann wieder ein großer Rückfall. Wieder Online-Poker, wieder 2.000 €.

Ich frage mich wieder: Warum? Warum tut er sowas? Wir haben zwei Kinder und ein Haus. Warum setzt er das aufs Spiel? Ich empfinde Trauer, Hilflosigkeit … habe keinerlei Vertrauen mehr in ihn. Ich bin so unendlich wütend und fassungslos und denke täglich daran. Er arbeitet zwar an sich und ist jetzt zusätzlich noch in einer Suchttherapie, trotzdem hat unsere Ehe einen Knacks bekommen. Fakt ist, dass mit jedem mal Spielen die Liebe kleiner geworden ist und die Wut und der Haß in dem Moment immer größer geworden sind.

Manchmal schaue ich ihn an und es überkommt mich alles wieder. Die Wut, die rauer, die Fassungslosigkeit. Dann würde ich ihm am liebsten sagen, was ich gerade jetzt von ihm halte, was er für einen Scheiß gemacht hat. Er weiß nicht, was er uns damit angetan hat, was er uns damit antut. Warum kann er nicht einfach aufhören?

Es gibt durchaus gute Tage, an denen wir lachen und Spaß haben, es hört sich jetzt an, als ob ich nur Wut und Haß für ihn empfinden würde, aber das stimmt nicht. Wir reden offen über das Thema, was ich auch sehr wichtig finde.

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